Kriegsende

Am Morgen des 27. März 1945 (Karfreitag) machten sich 18 Avro Lancaster Bomber der Royal Airforce bereit, die Baustelle "Valentin" zu bombardieren. Sie waren mit schweren Bomben bewaffnet. Auf der Baustelle selber erahnte man nichts vor dem kommenden Angriff. Um 13 Uhr vielen die ersten Bomben.

13 Grand Slam Bomben mit einem Gewicht von 10 t, 4 Tallboys mit einem Gewicht von 5,5 t und 12 Fliegerbomben mit einem Gewicht von 0,5 t wurden aus etwa 6.600 m Höhe abgeworfen. Der Angriff erfolgte von Osten nach Westen. 2 Grand Slam Bomben trafen den Bunker über den Taktplätzen 5 und 6. Diese Treffer lagen nur wenige Meter vom Abschnitt entfernt, am dem die zusätzliche 2,5 m dicke Schicht über die ursprüngliche Schicht von 4,5 m gegossen worden war. Sie drangen etwa 1,5 – 1,8 m tief in den Beton ein, bevor sie detonierten. Sie haben die Decke nicht durchschlagen, es war die Druckwelle, die ein 9 m dickes Loch in die Decke riss. Zahlreiche Splitter wurden auf dem Bunkerdach gefunden. Sie waren bis zu 5 cm dick. Etwa 1.600 – 1.800 t an Beton wurde durch die Einschläge der Bomben vom Bunker gelöst. Im inneren des Bunkers gab es so gut wie keine Schäden, nur das durch herabfallend Trümmer zwei Deckenkräne von ihren Schienen gerissen wurden. Insgesamt wurden an diesem Tag 158 t Bomben auf die Baustelle "Valentin" abgeworfen. Am 30. März 1945 (Ostermontag), drei Tage nach dem ersten Angriff, griffen 31 Bomber der 8.th US-Airforce den Bunker aus etwa 5.500 – 6.000 m Höhe an. Sie warfen 62 so genannte "Rocket Assisted Special Purpose", auch "Disney Bombe" mit einem Gewicht von 2,5 Tonnen und 12, 454 Kg schwere Fliegerbomben auf die Baustelle ab. Die Bombardierung dauerte von 14.23 bis 15.05 Uhr. Der Angriff erfolgte wieder von Osten nach Westen. Andere Treffer, durch verschiedene Bomben hervorgerufen, verursachten auf der Baustelle folgende Schäden.

Die fast vollständige Zerstörung Zweier Plattformen, auf denen sich die Betonmischanlagen befanden. sowie dorthin führende schienen der Eisenbahn. Die Zerstörung eines Schuppens nahe der Betonmischanlage Ost und Ost/West. Rampen, Rohrleitungen und Baumaterialien wurden durch die Druckwelle der eingeschlagenen Bomben auf dem Dach weggerissen und teilweise zerstört. Beschädigungen der Anlage zum biegen der Eisenbewährung. Drei Treffer auf der Haupteisenbahnlinie. Eine Bombe schlug nahe der Deckenträgerproduktionsanlage ein und zerstörte 9 fertige Deckenträger. Die Zerstörung eines Kantinengebäudes. Ein Schwimmbagger, der zum ausheben des Küstenabschnittes und der Bucht vor dem Bunker am 27.3.1945 versenkt wurde, liegt dort bis heute. Die Beschädigungen innerhalb der Baustelle dürften bei etwa 7-10 % gelegen haben. Beim Bunker dagegen, liegt die Zerstörung wegen der enormen Masse unter 1 %. Dies bewies, das der Bunker sogar den Einschlag schwerster Bomben bis zu 10 t stand halten kann, ohne die Produktion zu beeinträchtigen. Auch wenn der Bunker fertiggestellt worden und die Produktion angelaufen wäre, war es nur noch eine Frage der Zeit gewesen, bis der Bunker durch die Regelmäßigen Luftangriffe der Alliierten durch immer bessere Bomben zerstört worden wäre. Erst jetzt, 2 Jahre nach Bauanfang, wurde den Verantwortlichen der Marine allmählich immer klarer, das die Fertigstellung und Inbetriebnahme der Anlage zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zu realisieren war da es nur noch eine Frage der Zeit war, bis die Alliierten Bremen erreichen. Daraufhin wurden vermutlich am 1. April 1945 die Bauarbeiten, an denen so viele Menschen ihr Leben ließen eingestellt. Das Projekt mit den Decknamen "Valentin" war gescheitert.

Als Anfang 1945 die Alliierten immer näher rückten, ergehen in den Konzentrationslagern Evakuierungsbefehle ein. Es hieß: Die Gefangenen sollen den Alliierten nicht in die Hände fallen. Die Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter aus dem Arbeitserzieungslager in Farge, wurden zu einem mörderischen Fußmarsch über Rotenburg zum KZ-Neuengamme in Hamburg getrieben. Wie viele dabei ums leben kamen und wo sie begraben liegen, ist nicht bekannt. Die Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter aus dem KZ-Farge sollten mit mehreren kleinen Güterzügen am 6. und am 7. April 1945 zur sog. "Sonderbehandlung" zum Konzentrationslager Bergen Belsen gebracht werden. Eine Woche lang, irrte der Zug durch Norddeutschland und erreichte am 13. April 1945 die Stadt Brillit, wo man sich der 169 auf dem Transport verstorbenen entledigte. Die Überlebenden trieb man anschließend zufuß zum KZ-Auffanglager nach Sandbostel. Ein weiterer Todesmarsch bewegte sich in den Tagen vom 11. bis zum 14 April 1945 über Schwanewede, Meyenburg, Hagen und Beverstedt zum KZ-Auffanglager nach Sandbostel. Wer nicht mehr laufen konnte, wurde von der SS sofort erschossen. Wer diese Strapazen überstand, wurde mit Güterzügen zum KZ-Neuengamme gebracht. Von dort aus brachte man die Häftlinge aus dem KZ-Neuengamme und des KZ-Farge schließlich zur Ostsee wo man sie in Passagierschiffe, der Cap Arcona, der Thielbeck und der Athen verfrachtete. Doch am 3 Mai 1945 bombardierten englische Kampfflugzeuge die Cap Arcona, die Thielbeck und die Athen. Dass sich auf diesen Schiffen etwa 7.500 KZ-Häftlinge befanden wusste niemand. Nur 458 Menschen überlebten diesen Horrorangriff.

Am 11. Mai 1945 drangen englische Verbände in Bremen ein und besetzten alle Werften und Bunkeranlagen. Auf der Deschimag AG Weser in Bremen-Gröpelingen wurden die U-Boote vom Typ XXI, die auf den Helgen lagen sichergestellt. Der sich im Bau befindliche U-Boot-Bunker "Hornisse", wo die Sektionen produziert werden sollten, wurde nur zu etwa 25 % fertig gestellt.

Nach den Angriffen wurde von der Amerikanischen U-Boot-Abteilung ein Team zur Untersuchung der Bunkerwerften in Bremen zusammengestellt. Das Team Nr. 61. Es bestand aus den Personen:

 

Capt. R.H. Donelly Mil Führer

1st LT. G. Bannon Ordonanzoffizier

Mr. G. Babcook Teamchef

MR. S.D. Chrulew Ingenieur

Sgt. Fr. Posses Übersetzer

Sgt. S. Meibergen Übersetzer

Sgt. N. Aichholzer Fahrer des Kfz´s

Sie erreichten am 1. Mai 1945 Bremen. Ein Teil der Baustelle "Valentin" wurde aber noch durch deutsche Truppen verteidigt. Auch beim ersten Besuch in Farge befanden sich noch versprengte Truppen in der Nähe. Trotzdem begannen sie ihre Arbeit am 9. Mai 1945. Dabei wurden Bau- und Konstruktionsdaten zusammengetragen, Zeugen befragt und intensive Fotoaufnahmen gemacht. Folgendes Personal wurde angehört:

 

E. Meiners Bau-Ingenieur

W. Bosselmann Bau-Ingenieur

Fr. Hess Bau-Ingenieur

K. Grisslich Bau-Ingenieur

H. Moor Maschinenbau-Ingenieur

Dr. Schmidt Angestellter

H. Sterz Angestellter

Alle folgenden Personen sind Beschäftigte der Kriegsmarine "Konstruktionsbüro Unterweser" und stellten Verbindungen zu den privaten Unternehmen und Baufirmen des Projektes "Valentin" her.

 

Dr. Kranz Leiter der Firma Agatz & Bock

Dr. Lammert Leitender Ingenieur "Unterweser"

K. Hermann Direktor der Deschimag AG Weser

R. Kabelak Direktor der Bremer Vulkan Werft

Dr H. Bay Leitender Ingenieur der Firma Weiss & Freytag

Einen kompletten Satz von Konstruktionsplänen des Bunkers erhielt die Kommission von der Firma Agatz & Bock. Verschiedene Zeichnungen und Daten wurden angefertigt. Das gesamte Kartenmaterial kann über die Dienststelle der U-Boot Abteilung des USSBS bezogen werden. Auch Filmaufnahmen aus dem Jahr 1948 bis 1950 die in Farge gemacht wurden. Können über das Imperial War Museum in London angefordert werden. Am 26. Mai beendeten sie ihre Untersuchungen auf der Baustelle "Valentin".